„…ein motivierender Impuls zur Verbesserung der Hospizarbeit und Palliativversorgung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in Niedersachsen…“ Fachtag von Diakonie Himmelsthür und Landesstützpunkt in Hildesheim

Am Donnerstag den 25.01.2018 fand in Hildesheim-Sorsum der Fachtag „Hospizarbeit und Palliativversorgung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung“ statt. Über 130 Teilnehmende informierten sich in Vorträgen, Workshops und einem Podiumsgespräch über Möglichkeiten und Herausforderungen bei der barrierefreien Versorgung und Begleitung am Lebensende. Ein Höhepunkt des Tages war der Auftritt des Klangorchesters der St.-Franziskus-Schule vom Röderhof.

Eröffnet wurde der erste niedersächsische Fachtag von Ulrich Stoebe, Direktor der Diakonie Himmelsthür, und Ulrich Domdey, Vorsitzender des Landesstützpunkt Hospizarbeit und Palliativversorgung Niedersachsen. Beide Redner freuten sich über die enorme Resonanz auf diese Veranstaltung und thematisierten die gesellschaftliche Verantwortung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Verbesserungen der medizinisch-pflegerischen Versorgung bedeuten auch für diese Personengruppe ein längeres Leben und eine Sterbephase, in der hospizlich-palliative Angebote nötig sind. Da diese bisher aber nicht ausreichend vorhanden sind, sehen sie diesen Fachtag als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung – und gratulierten der Diakonie Himmelsthür zum Niedersächsischen Gesundheitspreis für ihr Projekt zur Verbesserung der palliativen und hospizlichen Versorgung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen.

Die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung in Niedersachsen, Petra Wontorra, begrüßte daraufhin die Teilnehmenden und leitete inhaltlich in den Tag ein. Sie skizzierte die besonderen Herausforderungen von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung am Lebensende und entwickelte Ideen, wie sich die Versorgungs-situation ändern müsse, damit alle Menschen die Begleitung bekommen, die ihnen zusteht.

Falsche Annahmen und diskriminierende Zuschreibung führen häufig dazu, dass beispielsweise Trauerphasen und –prozesse von betreuten Menschen nicht ernstgenommen werden. Ramona Bruhn-Tobler stellte in ihrem Vortrag Zeichnungen und Gemälde von Menschen mit Beeinträchtigungen vor, die von der Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer zeugen. Für diese Bedürfnisse und Verarbeitungsprozesse sensibel zu sein und sie zu unterstützen, ist oft eine große aber enorm wichtige Aufgabe von Betreuer*innen, Freund*innen und Zugehörigen aber auch Hospizdiensten.

Auch bei der Schmerzerkennung und –behandlung bei Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen bestehen besondere Herausforderungen – so die These von Dr. Helga Schlichting. So werden geäußerte Schmerzen von Mitarbeitenden und Ärzt*innen häufig nicht ernst genommen oder richtig eingeordnet. Anstelle von notwendigen Schmerzmedikamenten werden häufig Psychopharmaka verwendet, Erkrankungen werden falsch und oft erst viel zu spät diagnostiziert und therapiert.

Um hier substanzielle Verbesserungen in den Einrichtungen zu erzielen, müssen Leitung und Mitarbeitende besser auf den Umgang mit Hospizarbeit und Palliativversorgung vorbereitet werden. Barbara Hartmann erklärte, dass hierfür neben der Vermittlung von Wissen und entsprechenden Schulungen in allgemeiner palliativer Kompetenz auch eine hospizlich-palliative Haltung vonnöten ist. Unterstützung von der Leitung und eine gute Koordination und Kooperation mit externen Anbietern (Hospizdienste, Ärzte, Pflegedienste, etc.) sind weitere Bausteine zur Verbesserung der Versorgungssituation.

Damit die Wünsche und Bedürfnisse in der letzten Lebensphase auch dann berücksichtigt werden, wenn sich die Betroffenen selbst nicht mehr äußern können, ist eine gut organisierte Versorgungsplanung am Lebensende wichtig. Henrikje Stanze stellte in diesem Zusammenhang das Projekt „Behandlung im Voraus Planen“ (BVP)“ vor. Ein qualifiziertes Gesprächsangebot in Kombination mit einer einheitlichen Dokumentation und einer regionalen Implementierung kann sicherstellen, dass insbesondere die gesundheitlichen Behandlungswünsche auch von Menschen mit Beeinträchtigung am Lebensende erfüllt werden.

Die Kommunikation über das Lebensende ist dabei mindestens genauso wichtig, wie die anschließende Dokumentation. Dr. Christiane Ohl präsentierte am Ende des Vormittags eine Patientenverfügung in leichter Sprache, die auch Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen die Möglichkeit gebe, sich miteinander und mit Betreuer*innen über Wünsche und Bedürfnisse am Lebensende zu unterhalten.

Nach der Mittagspause wurden die Themen des Vormittages in parallel stattfindenden Workshops intensiv in Kleingruppen bearbeitet.

Der musikalische Höhepunkt des Tages war vor der Podiumsdiskussion dann der Auftritt des Klangorchesters der St.-Franziskus-Schule vom Röderhof. In vier Stücken brachte die talentierte Musikgruppe Rhythmus in den Saal und nahm das begeisterte Publikum sofort für sich ein. Wippende Knie und nickende Köpfe sowie ein lang anhaltender Applaus waren das Ergebnis.

In dem abschließenden Podiumsgespräch mit Moderator Dr. Michael Coors überlegten die Akteure gemeinsam, wie eine gute Kooperation zur Verbesserung der hospizlich-palliativen Begleitung und Versorgung am Lebensende für Menschen mit Beeinträchtigungen beitragen kann. Hierzu sei es wichtig, miteinander ins offene Gespräch zu kommen, Berührungsängste ab-, und ein verbindliches und gut organisiertes Netzwerk aufzubauen.

Wir bedanken uns für das große Interesse an diesem Fachtag, für die wertvollen Beiträge aller Beteiligten, die hervorragende Organisation der Diakonie Himmelsthür und die produktive, konstruktive und empathische Atmosphäre, die während des ganzen Tages zugegen war. Wir hoffen, dass von dieser Veranstaltung ein motivierender Impuls ausgegangen ist, wir sind neugierig auf Ihre weiteren Ideen und Projekte und würden uns vor allen Dingen freuen, weiter miteinander im Austausch zu bleiben.