Die Idee

Menschen sterben. Das ist bis heute eine biologische Tatsache. Das gilt für jeden von uns. Aber wie wollen wir sterben? Das ist eine offene Frage; eine Frage, die sich jedem Menschen und jeder Gesellschaft neu stellt.

Sterben ist Teil des Lebens. Aber während wir uns oft fragen, was ein gutes Leben ist und wie das eigene Lebensprojekt gelingen kann, bleibt ein Thema meist im Dunkeln: Was ist gutes Sterben und wie möchte ich ganz persönlich sterben?
Gutes Sterben ist zugleich ein individuelles und ein gesellschaftliches Thema. Individuelle Vorstellungen vom guten Tod sind durch gesellschaftliche Normen geprägt – und gleichzeitig sind es die Menschen, die im Miteinander gemeinsame Ideale von gutem Sterben entwickeln. Gutes Sterben ist nicht objektiv definierbar, nicht naturgegeben. Gutes Sterben ist ein stets vorläufiges Zwischenergebnis individueller und gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse.

In unserer Gesellschaft existieren vielfältige Vorstellungen vom guten Sterben. Lange Zeit war Sterben ein Tabuthema und fristete eine Nischenexistenz: es wurde öffentlich kaum diskutiert, in Gesprächen verleugnet und in Institutionen wie Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen verbannt. Das gilt heute nicht mehr: Sterben ist in Bundestagsdebatten, Fernsehsendungen und auf sozialen Medien omnipräsent; die Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen ist zu einem ernstzunehmenden Handlungsfeld von Pflegekräften und Ärzt*innen aufgestiegen. Patient*innen werden frühzeitig über unheilbare Erkrankungen informiert, können ihre letzte Lebensphase planen und aus einem bunten Strauß unterschiedlicher Bestattungsformen wählen. Fürsorglich begleitet, umfänglich aufgeklärt und weitgehend selbstbestimmt – das Sterben ist auf dem besten Weg, zum letzten Selbstverwirklichungsprojekt einer autonomieorientierten Gesellschaft zu werden.

Neue Ideale vom gelingenden Sterben bedeuten aber auch neue Anforderungen an die Versorgungsstrukturen. Die meisten Menschen möchten Zuhause sterben, aber was bedeutet „Zuhause“? Für einige ist es das eigene Haus mit Garten, für andere das Pflegeheim, in dem sie seit Jahren leben, für die wenigsten das Krankenhaus – in jedem Fall aber: schmerzfrei, gut versorgt und in einer vertrauten Umgebung. Stationäre Hospize werden immer stärker nachgefragt und gelten anscheinend als Orte guten Sterbens. Braucht unsere Gesellschaft in Zukunft vermehrt entsprechende Einrichtungen? Wie können wir als Gesellschaft es möglich machen, je nach Situation ein individuelles „gutes Sterben“ in unseren Gesundheitseinrichtungen zu ermöglichen und das Sterben zu einem abschließenden und guten Teil unseres Lebens zu machen? 

Mit dem Themenjahr möchten wir die Frage des guten Sterbens neu diskutieren. Wir möchten das Spannungsfeld ausleuchten, zwischen kulturellen Idealen und begrenzten Ressourcen, zwischen individuellen Wünschen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Gutes Sterben: Was ist das und was ist es uns wert?

Was ist gutes Sterben?

Bunte Tropfen wirbeln umeinander. Sie symbolisieren, dass sich alles im Fluss befindet,
beweglich und veränderbar ist. Es könnten Tränen sein, die fließen; es kann Regen sein, der am Blütenblatt einer Butterblume abperlt.

Die Tropfen sind beieinander, manche mittig, andere am Rand. Sie kommen aus unterschiedlichen Richtungen und scheinen sich wieder voneinander zu entfernen. Für einen Moment sind sie sich nah. Zufällig?

Die Tropfen sind bunt, farblich vielfältig aber gedeckt. Sie drängen sich nicht auf, sie wollen nicht überfordern. Sie geben dem Auge Zeit, sich zu orientieren. Vielleicht erkennt man Vertrautes: das hospizliche gelb, das palliative grün-blau? Vielleicht geben Sie Raum für Unbekanntes…

Die Tropfen wollen eine persönliche Einladung sein. Was ist gutes Sterben? Lassen sie uns miteinander in diesem fluiden Feld nach vorläufigen Antworten suchen.