Am Freitag, den 20. Oktober 2017 organisierten die Hochschule Hannover, der Hospiz- und PalliativVerband Niedersachsen (HPVN) und der Landesstützpunkt Hospizarbeit und Palliativversorgung Niedersachsen (LSHPN) eine Kick-Off-Veranstaltung mit Dr. Udo Baer über die Spätfolgen von Kriegserfahrungen im Alter – und über 200 Menschen folgten der Einladung. Das heterogene Publikum diskutierte in der Hochschule Hannover mit dem Referenten über die Möglichkeiten und Herausforderungen bei Gesprächen mit älteren Menschen über Kriegserfahrungen und Traumata und wurde dabei häufig auch in der eigenen Biographie fündig.
Dr. Bear informierte anschaulich und anhand eigener Erfahrungen, wie sich die belastenden und oft unbearbeiteten Erfahrungen der „Kriegskinder“ und der nachfolgenden Generation im Alter zeigen – und wie schwer es ist, über diese Erlebnisse zu reden. Vermeintliche Kleinigkeiten wie ein Sommergewitter, eine zugeschlagene Tür oder gleichmäßige Schritte auf dem Flur können in Sekundenbruchteilen die Erinnerungen an frühere Kriegserlebnisse wachrufen und Angst bis Panik auslösen. Selbst wenn Personen „nur“ indirekt als Beobachter oder Zeugen betroffen waren, sind die Spätfolgen unbearbeiteter Schreckensbilder hautnah spürbar und kaum zu kontrollieren. Die fehlende Möglichkeit und Fähigkeit, in der Nachkriegszeit öffentlich oder im privaten Kreis an den eigenen Erinnerungen zu arbeiten, förderte das Verdrängen und damit die innere Zensur. Am Lebensende wird dieses Schweigen aber aus unterschiedlichen Gründen häufig nicht mehr aufrechterhalten; es muss noch etwas rausgelassen werden.
Gerade in der Begleitung und Betreuung am Lebensende sind Angehörige, Ehrenamtliche und Professionelle häufig mit der Schwierigkeit konfrontiert, mit den Kriegsfolgen in der Seele der Sterbenden einen Umgang zu finden und dadurch den Abschied so angenehm wie möglich zu gestalten. Die in dieser Veranstaltung angerissenen Phänomene und Erfahrungen konnten aufzeigen, wie komplex und schwierig die Auseinandersetzung mit traumatischen und belastenden Erinnerungen ist. Gleichzeitig ist deutlich geworden, wie wichtig und mutig es auch in der Begleitung ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, um die damit verbundenen Symptome verstehen und den Betroffenen eine angemessene Unterstützung bieten zu können.
Diese Veranstaltung war ein Auftakt. Eine Angebot zur Weiterbildung von Multiplikatoren in der Vorbereitung von Ehrenamtlichen in der Sterbebegleitung wird im nächsten Jahr folgen.